Das Wildnisgebiet Dürrenstein, in dem sich auch der größte Urwald Mitteleuropas befindet, vermittelt eine Ahnung wie „echte Wälder“ aussehen. Nach der Ausweitung (Steirischer Teil) umfasst das Wildnisgebiet jetzt nun 7000 ha, 400 ha davon sind Urwald. Der Urwald Rothwald wurde bereits 1875 von Albert von Rothschild unter Schutz gestellt. Es ist eine Primarwildnis (seit der letzten Eiszeit unverändert) und der letzte große zusammenhängende Urwaldrest des Alpenbogens (montaner Bergmischwald mit ca. ⅓ Rotbuche, ⅓ Tanne und ⅓ Fichte).
Endlich haben wir es wieder einmal geschafft, das einzigartige Wildnisgebiet Dürrenstein zu besuchen und bei einer Exkursion in das Kerngebiet (Urwald) mit dabei zu sein. Eine solche Exkursion mit Werner Gamerith ist immer ein besonderes Erlebnis. Meist sind Exkursionen in den Urwald schon am selben Tag, an dem sie im Netz veröffentlicht werden, ausgebucht. Wer an einer Exkursion dorthin teilnehmen will sollte sich also schon im Jänner anmelden. Neuerdings ist der Treffpunkt im neu erbauten „Haus der Wildnis“ in Lunz am See. Von dort geht es mit dem Bus in das Wildnisgebiet, welches ansonsten nur in wenigen Teilgebieten frei zugänglich ist.
Bäume dürfen alt werden (Fichten und Tannen bis 700 Jahre, Buchen bis 500 jahre – es gibt auch ein paar „Greise“ unter den langlebigen Eiben und Tannen, die um die 1000 jahre alt sind), Totholz bietet Lebensraum und Nahrung für eine große Vielfalt an Lebewesen (bis zu ein Viertel des Bestands im Rothwald sind Totholz). Seltene Arten finden darin letzte Überlebensräume. In Österreich werden derzeit nur etwa 0,8 % der heimischen Wälder streng geschützt (keine Eingriffe). Laut WWF Waldbericht gelten aber etwa 3 % der Wälder als sehr naturnah – das entspricht 120.000 ha Wald in Österreich. Mehr als 70 % der Waldbewohner gibt es nur in Naturwäldern mit alten Bäumen und Totholz.
Bei meinem ersten Besuch waren die dahinter liegenden Gipfel in Wolken gehüllt (siehe hierzu meine philosophischen Betrachtungen zum Urwald). Diesmal war das Wetter, das Spiel von Licht und Schatten, vor allem zum Fotografieren optimal. Der Bärwiesboden ist wirklich ein eindrucksvoller Ort. Spaßhalber habe ich zu Petra gesagt, wenn ich drei Wünsche frei hätte, wäre einer davon hier einmal am Bärwiesboden Sonnwend feiern zu dürfen. Ich kenne in den Bergen keinen Ort, wo auf dieser Höhe, auf der Alm, noch so ein großer naturnaher Wald zu finden ist. Deshalb habe ich diesmal, den günstigen Bedingungen geschuldet, eine große Anzahl von Fotos gemacht, in denen ich versucht habe die Stimmung dieses Ortes, seiner natürlichen und naturnahen Wälder einzufangen. (mit der Flora des Wildnisgebiets hatte ich mich hier eingehender beschäftigt: Exkursion Flora im Wildnisgebiet Dürrenstein) So – jetzt zu den Bildern:
Nach dem Besuch im Rothwald waren wir noch im Steinbach baden, das ist ein Fluss in den Göstlinger Alpen.
Hier hat sich der Steinbach durch die Jahrtausende zwischen weichen Werfener Schichten und hartem Gutensteiner Kalk eingefräßt. Der Weg durch die Schlucht war früher, vor dem Bau der Straße und des Tunnels im Jahr 1965, der einzige Zugang zu den Häusern im hinteren Steinbachtal. Die Nothschlucht ist im Winter extrem gefährlich: Oft verschütteten gewaltige Lawinen die Straße, die immer wieder freigeschaufelt werden musste. Dabei war es Aufgabe des ältesten Holzknechts im Tal, Posten zu stehen und bei der nächsten Lawine Alarm zu schlagen. (Text entnommen einem Schild das am Eingang angebracht ist) Wir haben uns im Steinbach erfrischt und Kraft getankt.
Fazit: Das was heute gemeinhin als Wald bezeichnet wird sind großteils Monokulturen. Holzäcker. Überall dort, wo der Mensch in Übermaßen eingreift wird es nicht besser sondern schlimmer. Die heutigen Probleme der Forstwirtschaft sind hausgemacht und nur das Resultat falscher Entscheidungen aus der Vergangenheit. Wer hat noch nicht bemerkt, dass es von Jahr zu Jahr weniger Pilze, weniger Insekten und eine geringere Pflanzenvielfalt gibt? Solange wir die größeren Zusammenhänge unserer Natur nicht verstehen oder ihr zuwider handeln werden auch keine neuen Steuern helfen. Kinder sollten nicht mit intellektuellen Wissen überfüttert werden, sondern besser behutsam an ein gesundes Naturverständnis herangeführt werden. Aber all das fürchte ich, wird nichts mehr als ein frommer Wunsch bleiben. Ein erster Schritt wäre es auf alle Fälle, sich auf unsere wilde Natur einzulassen und das Wildnisgebiet mit offenen Herzen und Augen einmal zu besuchen. Einfach nur zu Staunen und zu sehen wie perfekt und schön die Welt auch ohne die ständige Bevormundung des Menschen sein kann. Der größte Irrglauben des Menschen liegt darin, alles regulieren zu wollen, überall einzugreifen zu müssen, in der Annahme es besser machen zu können als die Natur (des) selbst.
Das Wildnisgebiet Dürrenstein ist ein Naturjuwel und allemal einen Besuch wert! Nähere Informationen und aktuelle Exkursionsangebote sind hier zu finden: https://www.wildnisgebiet.at/
Klaus-Josef
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Toller Beitrag Maria!
Vielen lieben Dank für den tollen Beitrag Maria!
Ich liebe den Wald und kann den Aufruf, diesen viel mehr wahrzunehmen, nur unterstützen. Meinen Teilnehmer:Innen in meinen Kursen, empfehle…
Danke für den tollen Bericht! Maria ist ja ein richtiger Profi mit ganz viel Know How, der Hof hat großes…
Der Kurs dauert eine Woche und findet einmal jährlich, jedes Jahr in einem anderen Bundesland statt. 2021 in Salzburg. Für…
Ich liebe den Wald und kann den Aufruf, diesen viel mehr wahrzunehmen, nur unterstützen. Meinen Teilnehmer:Innen in meinen Kursen, empfehle ich imer wieder achtsam die Natur wahrzu nehmen. Es ist nicht nur gesund, sondern steigert das Lebensgefühl enorm. Danke für diesen tollen Artikel. Dürrenstein steht nun auf meiner Wunschliste für einen Wanderausflug auf der nächsten Wohnmobiltour durch die Steiermark.