Regeln, nichts als Regeln. Sogar im Wald. Wer blickt denn da überhaupt noch durch? Natürlich der österreichische Schwammerlsucher! Wenn auch zeitweise (Schwammerlhochsaison) mit etwas eigenwilligen Interpretationen.

Wenn das Wetter einmal passt und die Pilze aus dem Boden schießen, nimmt es Manchereiner mit den gesetzlichen Bestimmungen plötzlich nicht mehr ganz so genau. Im normalen Leben mag er ja ein verantwortungsvoller Familienvater sein, oder sie eine fürsorgliche Mutter, aber wenn die Pilze in Massen sprießen, dann vollzieht sich in der Persönlichkeit eines Schwammerlsuchers eine für Außenstehende oft nicht ganz nachvollziehbare Veränderung. Oft kommt es mitten im Wald zu einem vollständigen Verlust des Gewichtempfindens, verbunden mit einer völligen Aufgabe jeglicher Selbstkontrolle.

In diversen Facebook-Gruppen entbrennen deshalb zu dieser Jahreszeit regelmäßig heiße Diskussionen darüber, was denn nun so erlaubt sei oder auch nicht. Der Grund dafür sind meist prahlerische Fotos von prall mit Pilzen gefüllten Kofferräumen und Ladeflächen (manchmal werden diese Bilder aber auch von unseren östlichen Nachbarn aus dem Netz entlehnt – aber gut, dort wächst ja auch noch viel mehr), die auf mangelnde Selbstkontrolle schließen lassen. Im Gegensatz zu den Fischern, kommen Beutefotos innerhalb der Schwammerlcommunity weniger gut an. Aber jetzt mal abgesehen davon, dass die Gier, wie man in Österreich zu sagen pflegt, ein Schwein ist, gibt es doch auch Situationen, wo ein kurzzeitiges Hinausschießen über die (gesetzliche) Grenze – zumindest aus der Sicht des Schwammersuchers -moralisch, naja um es vorsichtig zu formulieren, ein bisserl vertretbar ist.

„Kurzer Einschub: Achtung! Diese gut begründete Nachsicht gilt natürlich nur für unsereinen, niemals aber für die italienischen Schwammerlräuber, und sonstige böse Pilztouristen, die ausnahmslos als feindliche Konkurrenz wahrgenommen werden!“

Wenn zum Beispiel die Eierschwammerl gerade explodieren (Hochsaison haben) ist es nur allzu menschlich, ja geradezu logisch verständlich, die Vorräte bei dieser Gelegenheit ein klein wenig auffüllen zu wollen und das Gewicht nicht auf den Gramm genau gleich im Wald abzuwiegen. Und außerdem: Wer hat denn schon regelmäßig eine Waage mit dabei im Wald? Wir putzen die Schwammerln zumindest gleich vor Ort im Wald, das reduziert das Gewicht des Fundes ohnehin schon mal enorm, weil die Zeit zum Brocken dadurch verkürzt ist.

Wie auch immer – es ist trotzdem vorteilhaft, sich über die rechtliche Situation (Forstgesetz und so) im Klaren zu sein. Und die sieht in Österreich im Großen und Ganzen folgendermaßen aus:

§ 33 Grundsätzlich darf jedermann den Wald betreten und sich dort zu Erholungszwecken aufhalten.

Wie immer gibt es auch Ausnahmen: Waldflächen mit behördlichen Betretungsverbot (Kennzeichnung der Behörde notwendig!), Bannwald, waldbrandgefährdete Gebiete, Waldgebiete zur Schädlingsbekämpfung (sofern sie mit Schädlinge nicht uns Schwammerlsucher meinen), Jungwald (bis zu einer Wuchshöhe von 3 m), Waldflächen mit forstbetrieblichen Einrichtungen (Kennzeichnung durch Eigentümer!), Forstgärten, Lagerplätze, Gebäude und Anlagen

§ 34 Benützungsbeschränkungen (Sperren)

Hier gibt es befristete Sperren (wobei der ZEITRAUM der Befristung dabei stehen MUSS und maximal 3 Monate betragen darf!). Dazu gehören Baustellen von Bringungsanlagen, Gefährdungsbereich der Holzfällung, Windwurf, wissenschaftliche Zwecke (zB. Rothwald)

Und dann gibt es noch die dauernden Sperren. Dazu gehören Christbaumkulturen (dort ist das Pilzvorkommen aber ohnehin gering), Tier- und Alpengärten und forstliche Wohnanlagen (Fundort Kochtopf in der Küche der forstlichen Wohnanlage?).

§ 40 Feuerentzünden im Wald ist ebenfalls verboten (für gewöhnlich bereite ich die Pilze aber ohnehin lieber erst zuhause zu)

§ 111 Das Forstschutzorgan (Polizei, Aufsichtsjäger, Naturwacheorgan) gilt als öffentliche Wache und darf eine Faustfeuerwaffe tragen. Sofern ein Dienstabzeichen getragen wird, genießt das Forstschutzorgan den Schutz der Beamten. Auf Verlangen hat er allerdings seinen Dienstausweis vorzuweisen. (Mein Rat hierzu: Kleidung in dezenten Waldfarben und ruhiges Verhalten um einer unnötigen Begegnung von vorne herein aus dem Weg zu gehen. Falls eine solche unvermeidlich ist, auf frühzeitiges Deeskalieren hin arbeiten, ansonsten wäre es in der Folge nützlich, einen Juristen in der Familie zu haben)

§ 112 Das Forstorgan ist berechtigt Personen aus dem Wald zu weisen, die Nämlichkeit des Betretens festzustellen und dies bei der Behörde anzuzeigen, sowie die im Besitz des Betretenen vorgefundenen Forstprodukte und Werkzeuge (Schwammerlmesser?) vorläufig zu beschlagnahmen und zu diesem Zweck Behältnisse und Transportmittel zu untersuchen.

§174 Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer unbefugt im Wald sich Pilze in einer Menge von mehr als 2 Kilogramm aneignet, Abfall wegwirft und Pilzsammelveranstaltungen durchführt oder daran teilnimmt.

In einigen Bundesländern (Tirol, Salzburg, Kärnten) gelten verschärfte Regeln, hier sollte man sich gesondert informieren. So weist zum Beispiel die Landesverordnung von Kärnten eine Vielzahl von vollkommen geschützten Pilzen aus, dort unterliegt sogar das Sammeln von Eierschwammerln und Steinpilzen einer strengeren Beschränkung.

Unabhängig von der rechtlichen Situation beobachte ich, dass das Pilzvorkommen in den letzten Jahren ständig abgenommen hat. Schuld daran sind aber bei Gott nicht die Schwammerlsucher, sondern eine Forstwirtschaft der gewinnorientierten Monokulturen und des ungezügelten Raubbaus (Harvester, Bodenverdichtung usw.). Dagegen verblasst die kleine Gier des braven Schwammerlsuchers sinnbildlich gesehen zu einem Lärcherlschas.

Abschließend noch ein Wort zu den Kontrollorganen: Jäger legen naturgemäß meist ein besonders ausgeprägtes Revierdenken an den Tag und möchten den ganzen Wald 24/7 für sich ganz alleine haben, was ein harmonisches Auskommen mit ihnen meist erschwert. Es geht ihnen dabei, und das ist verständlich, ja nur um das Wohlergehen des Wildes auf seinem Weg in die Tiefkühltruhe. Aber wenn wir gegenseitig ein wenig Verständnis füreinander haben (ich zB. habe einem Jäger auch schon ein gehegtes, geschossenes Wildschwein abgekauft), hin und wieder vielleicht auch ein Auge zudrücken, könnten wir vielleicht sogar ganz gut miteinander klar kommen. Der Österreicher findet bekanntlich ja immer einen Weg. Und wenn es auch sein eigener ist.