Naturnah leben, selber Butter, Topfen, Joghurt und Käse herstellen … in Zeiten wie diesen träumt wohl jeder ein wenig vom Selbstversorgerdasein. Wie aufwendig ist es überhaupt, Milch weiter zu verarbeiten? Was liegt da näher, als sich selbst davon ein Bild zu machen.

Vergangenes Wochenende waren wir am Edler-Hof zu Gast. Das ist ein Demeter-Hof, der unter anderem in traditionell hochwertiger Handarbeit Käse aus Rohmilch herstellt. Demeter Betriebe arbeiten biologisch-dynamisch, d. h. sie arbeiten auf der Grundlage anthroposophischer und wissenschaftlicher Menschen- und Naturerkenntnis. Die Erde verstehen sie als lebendigen Organismus geistigen Ursprungs. Auch im Bioladen bei uns an der Ecke am Hasnerplatz werden Produkte vom Edler-Hof verkauft. Die Einladung zum Kennenlernen der Käserei am Edler-Hof kam von Maria, einer Freundin, die wir letztes Jahr in Langschlag bei der Veranstaltung der ARGE Pilzberater kennenlernen durften. Maria arbeitet dort als Käsereifachkraft. Sie bringt viel Erfahrung und Liebe zu ihrem Beruf mit, was sich auch darin widerspiegelt, mit welcher Begeisterung sie das uns vermittelt. Geduldig führt sie uns in die Grundlagen der Käseherstellung ein.

Nachdem die Arbeit in der Käserei schon zeitig in der Früh (5:50 Uhr) beginnt, sind wir schon am Vortag angereist. Den Wecker zu stellen hätten wir uns übrigens sparen können, denn das Aufwecken besorgen dort sobald es hell wird noch übereifrige Hähne. Die tiefstehende Sonne strahlt schon durch die großen Fenster als wir in die Käserei kommen, und uns die vorgeschiebene Arbeitskleidung anziehen während sich Maria um die Hygiene kümmert. „Bei der Milchverarbeitung kann nicht genug darauf achten sauber zu arbeiten“ erklärt sie uns.

Die Anlage dort ist klein, fein und sehr durchdacht. Die Milch kommt direkt aus der Melkmaschine in den Tank der Käserei und kann dort gleich direkt weiterverarbeitet werden.

Schritt für Schritt durften wir an allen Arbeitsschritten teilhaben. Also vom Dicklegen der Milch (hinzufügen der Milchsäurebakterien und des Labs) über den Käsebruch mit der „Käseharfe“ (wo die Gallerte zerschnitten wird) bis hin zum Formen und Pressen. Ok, ich bin zeitweise auch mal nur im Weg rumgestanden, um zu fotografieren. Die anfallende Molke wurde gleich zu den Schweinen weitergeleitet, allerdings erst nachdem wir zwecks Verköstigung etwas abgezwackt hatten.











Die Arbeitsschritte sehen nur auf den ersten Blick einfach aus. Wie viel Know-How und Erfahrung dahinter steckt, wird mir erst klar, als ich beginne näher hinzusehen. Profis erkennen den Säuregrad der Milch (sie messen zwar nach, aber ihre Nasen, Augen und Hände sind ebenfalls feinste Messgeräte), die richtige Konsistenz der Bruchstücke, Temperaturen, Verarbeitungsdauer, Hygieneregeln, Fehlerquellen und deren Korrektur … und und und. Jetzt verstehe ich erst wirklich, warum handwerklich hergestellter Käse aus Rohmilch was ganz Besonderes ist und auch seinen Preis hat.




Obwohl die Industrie dem Handwerk auch hier zusetzt. Reich wird man davon nicht, erklärt mir Roswitha nüchtern, die Chefin der Käserei. Ich versuche herauszufinden, ob die Käseherstellung auch in Uruguay im Rahmen eines Selbstversorgerprojekts interessant wäre. Aber Roswitha schafft es dank ihrer langjährigen Erfahrung in Rekordzeit, jegliche Illusionen bereits im Keim zu zerstören. Trotz ihres ausgeprägten Sinns für die Realität hat sie sich aber einen liebevollen Zugang zu ihrer Arbeit bewahrt und denkt nach vorne. Sie bezeichnet auch den Edler-Hof als sehr schönes, aber nicht mehr ganz zeitgemäßes Übrigbleibsl, oder besser noch humorvoll als Dinosaurierbetrieb. Obwohl auch sie in letzter Zeit wieder einen Anstieg der Wertigkeit für dieses Handwerk bemerkt, sieht sie die Zukunft der Landwirtschaft in einem kooperativen Miteinander.
Wir genießen das offene Gespräch mit ihr und nehmen von diesem ersten Kennenlernen und den dort arbeitenden Persönlichkeiten viele neue Eindrücke und Anregungen mit. Vom Wissen her bin ich mir nach diesem Tag wieder einmal bewusst, dass ich eigentlich nichts weiß. Ich werde das Ganze erst mal sickern lassen und mich über die Begegnungen mit wundervollen Menschen freuen.
Zum Abschluss macht Maria mit uns noch eine kleine Kräuterwanderung. Vor der Heimfahrt kaufen wir noch Käse, der uns nach diesem Erlebnis und den inneren Bildern dazu noch besser als zuvor schmeckt.
Danke für den tollen Bericht! Maria ist ja ein richtiger Profi mit ganz viel Know How, der Hof hat großes Glück sie gefunden zu haben!