Der alchemistische Weg folgt der innewohnenden Weisheit der Natur, welche göttlichen Ursprungs ist. Dieser Weg ist zugleich persönlich und transzendent. Persönlich, weil er dem noch in der Dualität verhafteten und somit begrenzten menschlichen Bewusstsein Bemühung abverlangt, und transzendent, weil die Gnade des Absoluten stets alles durchdringt.
Erkenne Dich SELBST!
Dieser Aufruf das Ego, welches nur ein winziges Pünktchen in unserem Sein darstellt, nicht überzubewerten und dessen Quelle zu ergründen in welcher es wurzelt, findet sich nicht nur in der indischen Kultur (Atma Vichara, siehe zB. Ramana Maharshi). Der Überlieferung zufolge sollen auch am Eingang des Tempels von Delphi die Inschriften „Erkenne dich selbst“ (gnôthi seautón, γνῶθι σεαυτόν) und „nichts im Übermaß“ (μηδὲν ἄγαν, medèn ágan), angebracht gewesen sein. Auch in Odhins Runenlied findet sich diese Erkenntnis gleich am Beginn in der ersten Strophe:
Ich weiß, daß ich hing am windigen Baum
Neun lange Nächte,
Vom Speer verwundet, dem Odhin geweiht,
Mir selber ich selbst,
Am Ast des Baums, dem man nicht ansehn kann
Aus welcher Wurzel er sproß.
Im Sinne des „Erkenne dich selbst!” bedeutet Alchemie die Entdeckung des Makrokosmos im Mikrokosmos, und ist damit ein esoterischer Weg der Naturerkenntnis. So gesehen ist die Spagyrik, die ein Teilgebiet der Alchemie darstellt, letztendlich eine Erfahrungsheilkunde.
Nun gut, ich möchte an dieser Stelle nicht zu weit ausholen, zumal Erkenntnisse, die auf der Ebene des Namenlosen gewonnen werden, sich mit Wörtern ohnehin unzureichend beschreiben lassen. Den eigenen alchemistischen Weg, den Weg der inneren Entwicklung und Läuterung, muss ohnehin jeder für sich allein entdecken und gehen.
Gut, aber was hat das alles nun mit den Pilzen zu tun?
Nun gewiss gibt es da Pilze (das Fleisch der Götter), die den Blick auf die Welt grundlegend verändern können. Das ist aber eine andere Geschichte. Zurück zur Alchemie, genauer gesagt zur Spagyrik. Paracelsus, ein wahrhaft großes Vorbild, hat viele Schriften zu seiner alchimistischen Arbeit mit verschiedenen Pflanzen hinterlassen. Pilze haben in dieser Epoche bei uns in Europa jedoch eine eher untergeordnete Rolle gespielt. Sie sind in den alten Schriften massiv unterrepräsentiert. Aber gerade in unserer heutigen Zeit erwecken Vital- und Heilpilze immer mehr das Interesse von naturverbundenen Menschen. Warum ist das so? Weil die Thematiken des heutigen Lebens (kultureller Niedergang, Zivilisationskrankheiten, parasitäre Verhaltensweisen, Vernetzung) viele Entsprechungen in den Pilzen finden. Ein Beispiel: Die Pilze sind Wurzelblütler, das Myzel liegt im Untergrund verborgen und der Fruchtkörper kommt nur bei optimalen Bedingungen, dann aber oft sehr schnell, zum Vorschein (wer kennt nicht den Ausdruck „wie die Pilze herausschießen“). Das findet eine Entsprechung in chronischen Krankheiten, die ebenfalls im Untergrund schwellen und bei optimalen Bedingungen, also wenn das Immunsystem geschwächt ist, schnell und massiv hervortreten können. Das ist natürlich nur ein Beispiel von vielen. (Das Lesen solcher Entsprechungen ist übrigens der Urweg der Naturerkenntnis und nennt sich Signaturenlehre.) Was liegt da näher, als das Reich der Pilze ausführlicher zu betrachten, und auch diese spagyrisch aufzuschließen?
Heilmittel sind Mittler zum Heil
Um zu veranschaulichen, wie ich so etwas mit Pilzen konkret umsetze, eine kurze Bilddokumentation die bei der Herstellung eines spagyrischen Tonikums entstanden ist: Hier zum Beispiel habe ich eine Chaga Tinktur, die 1 1/2 Jahre in 38 % Rum gereift ist abfiltriert und die übriggebliebenen Stücke nochmal 6 Stunden lang abgekocht und auf 1/3 reduziert. Zum Teil im Druckkochtopf. Nach dem Abkochen habe ich die Stücke neuerlich mit der Tinkturenpresse ausgepresst und den abfiltrierten Teil mit der Tinktur zusammengefügt.
Alles was getrennt (solve ) wird, wird gereinigt (rein = ohne Beimischung) und am Ende wieder zusammen gefügt (et coagula). Zuvor muss es allerdings erst aufgeschlossen werden. Wenn der Mensch Nahrung aufnimmt, muss er sie auch erst aufschließen (Auflösen mit Magensäure), um die enthaltene Energie daraus gewinnen zu können. Das geschieht jedoch unbewusst. In der TCM wird die Milz als innerer Alchemist betrachtet, der die Wurzel der Gesundheit ist. Mit dem Vorgang des Kochens unterstützen wir diesen Vorgang.
Klaus-Josef
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